Warum ist es nicht nur gesetzlich geboten, sondern auch mit Blick auf die Qualität der Arbeit sinnvoll, bei der Stellenbesetzung Vielfalt zu fördern? Christian Esselmann ist Fachamtsleiter Personalservice im Bezirk Hamburg-Mitte. Nach seiner Erfahrung ist Diversität in den Teams in verschiedener Hinsicht hilfreich.
Warum ist Vielfalt bei den Mitarbeitenden im Bezirksamt wichtig?
Christian Esselmann: Im Grunde, weil unterschiedliche Blickwinkel in jeder Lebens- und Berufssituation wichtig und hilfreich sind. Die öffentliche Verwaltung – und im besonderen Maße auch eine Bezirksverwaltung – ist ein Spiegel der Gesellschaft und soll das auch sein. Das fördert aus meiner Sicht die Akzeptanz der Kundschaft und baut sicher auch unverändert existierende Vorurteile bezüglich der „grauen“ Verwaltung ab. Ich sehe hier eine Analogie zum interdisziplinären Arbeiten: Klassische „Verwaltungsmenschen“ wie ich können zum Beispiel mit Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen oder Tiefbauerinnen und Tiefbauern nur konstruktiv zusammenarbeiten, wenn sich beide Seiten die Mühe machen, die Sichtweise der oder des jeweils anderen und dabei auch den – hier beruflichen – Hintergrund zu verstehen. Es gibt nie nur die eine Sichtweise oder den einen richtigen Weg.
An welchen Stellen ist Vielfalt ganz konkret hilfreich?
Christian Esselmann: Klassischerweise in Arbeitsbereichen, die sich um Belange in den Sozialräumen kümmern. Aber auch Bereiche wie die Stadtplanung oder die Kundenzentren, also das „Einwohnermeldeamt“, und natürlich auch das Personalgeschäft profitieren von Vielfalt bei den Mitarbeitenden. Nicht zuletzt können sie mit ihren Sprachkompetenzen den Bürgerinnen und Bürgern informell helfen, eventuelle Hürden zu senken.
Wie wird darauf zum Beispiel bei Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren eingegangen?
Christian Esselmann: Personalauswahl erfolgt, so steht es im Grundgesetz, nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Das entspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz, und daran orientiert sich die so genannte Bestenauslese. Das ist die Grundlage für eine vielfältig zusammengesetzte Mitarbeiterschaft. Wir überprüfen unsere Verfahren zur Personalgewinnung auch immer wieder hinsichtlich der Formulierungen in Stellenausschreibungen und unserer Fragen für Auswahlgespräche. Entsprechend schulen wir die zuständigen Kolleginnen und Kollegen in diesen Aufgaben. Wir müssen uns dabei auch immer wieder mit unseren eigenen blinden Flecken, den sozialwissenschaftlich „klassischen“ Beurteilungsfehlern, z. B. in Zusammenhang mit der sozialen Rolle von Personen und der damit verbundenen Vorurteile, auseinandersetzen. Unser Ziel ist es, die Bewerbungsprozesse so zu gestalten, dass zusätzlich zu der formalen und fachlichen Qualifikation auch persönliche Erfahrungen als prägende Fähigkeiten wahrgenommen werden. Eine Schlüsselkompetenz bleibt allerdings die Sprache. Lesen, Schreiben, Zuhören, Sprechen: Verwaltung arbeitet mit Informationen. Verwaltungssprache ist zudem oft Fachsprache. Und gerade an der Schnittstelle „Bürger/in und Verwaltung“ ist es wichtig, auch komplexe rechtliche Gegebenheiten in Alltagssprache zu übersetzen.
Wie werden Mitarbeitende vor Diskriminierung im Bezirksamt geschützt?
Christian Esselmann: Wir haben etablierte Prozesse zur Prävention und Lösung von Konflikten. Kommunikation ist auch hier erst mal alles. Orientierungsrahmen ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch „Antidiskriminierungsgesetz“ genannt. Von der Leitung angefangen nehme ich im gesamten Haus
eine große Sensibilität für diese Themen wahr – und ebenso das klare Bekenntnis, Diskriminierung nicht zu dulden und zu sanktionieren. Hier ziehen alle an einem Strang: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Vorgesetzte, der Personalrat, die Gleichstellungsbeauftragten und die Schwerbehindertenvertretung.
Welche Ziele gibt es in der Personalentwicklung zum Thema „Vielfalt stärken“?
Christian Esselmann: Ich wünsche mir, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft die Vielfalt, die wir im Bezirk erleben, auch bei unseren Mitarbeitenden noch mehr sehen können. Natürlich haben wir jetzt schon eine recht heterogene Zusammensetzung der Mitarbeitenden. Aber das darf gerne noch mehr werden. Es geht ja auch um Sichtbarkeit, darum, dass Menschen, die zu uns kommen, merken, dass ihre Herkunft, ihre Religion, ihr Alter, ihre sexuelle Identität oder ihre Behinderung ganz normaler Alltag sind und sie sich gern mit ihrer ganzen Persönlichkeit einbringen. Sie sollen sich nicht „erklären“ müssen. Vielfalt ist gewollt und wird respektvoll berücksichtigt. Ich kann also alle Interessierten nur ermutigen, regelmäßig unsere Stellenausschreibungen zu lesen. Für uns ist entscheidend, dass Sie einen guten Job machen!