Was ist Glaubens- und Kultursensibilität?

In einer Gesellschaft, die von Diversität geprägt ist, ist auch die Kommunikation über Glauben immer wieder Teil des Alltags. Glaubens- und Kultursensibilität wird deshalb in vielen Arbeitsbereichen gebraucht.

Diversität umfasst die verschiedenen kulturellen Besonderheiten, Überzeugungen und Glaubenshaltungen, die Menschen helfen, sich in der Komplexität ihres alltäglichen Lebens zu orientieren.

In der ressourcenorientierten Pädagogik gelten die inneren Kraftquellen, die ein Mensch zur Bewältigung seiner existenziellen Themen einsetzt, als Ressourcen. Jeder Mensch verfügt grundsätzlich darüber. Ressourcenorientiert zu arbeiten bedeutet: Zuerst auf diese Kraftquellen zu achten und sie wahrzunehmen, statt einen Menschen von seinen Defiziten her zu betrachten.

Weitgefasster Glaubensbegriff

Menschen bekennen sich zu einer Religion. Oder sie fühlen sich keiner Religion verbunden und glauben dennoch an „etwas dahinter“. Oder sie verstehen sich als nicht-religiös und sprechen lieber von Überzeugungen, die sie leiten. In einem weit gefassten Glaubensbegriff hat all dies Platz.

Bedeutung des Glaubens

Glaube ist wichtig. Er ist eine Quelle von Haltungen, Entscheidungen und Meinungen. Aber auch von Idealen, Sehnsüchten und Träumen. Der individuelle Glaube ist von kultureller Prägung kaum zu trennen. Deshalb gehören Glaubens- und Kultursensibilität zusammen.

Glaube und Würde

Glaube wächst im kulturellen Kontext und in Biografien, er ist Teil der Identität. Glaube, Selbstwertgefühl und Würde sind eng miteinander verbunden. Daher ist Sensibilität notwendig, um darüber zu sprechen.

Unterschied zum interreligiösen Dialog

Der interreligiöse Dialog beschränkt sich auf die Sachebene. Das glaubenssensible Gespräch bezieht die persönliche Ebene mit ein. Glaubens- und Kultursensibilität ist nicht gleichzusetzen mit oder Teil des interreligiösen Dialogs, bei dem sich Vertreter etablierter Religionen zum Austausch treffen. Glaubens- und Kultursensibilität interessiert sich für den individuellen Glauben. Er kann sich mit einem konfessionellen Glaubensbekenntnis decken, muss es aber nicht. Auf jeden Fall kann er nur individuell und nicht mit Verweis auf eine Konfession beschrieben werden.

Glaube als Ressource

Ein Glaube, der sich mit den Menschenrechten in Einklang befindet, ist für den Menschen eine zentrale Ressource. Doch oft ist sie kaum bewusst und daher nur begrenzt wirksam. Eine lebensweltorientierte Soziale Arbeit kann Menschen anregen, diese Ressource zu nutzen, und so zur Gestaltung eines gelingenden Alltags beitragen.

Umgang mit destruktivem Glauben

Glauben kann auch zerstörerisch sein – für das eigene Leben und für andere. Wer sich jedoch in der Sozialen Arbeit auf die Suche nach den Ressourcen einer Person begibt, kann auch in scheinbar festgefahrenen Situationen Auswege erkennen.

Glaubens- und Kultursensibilität im Sozialraum

Viele Sozialräume sind multikulturell. Hier kann die offene Diskussion religiöser und kultureller Verschiedenheit Verständnis stärken und Fremdheit verringern. Dies gelingt mit Achtung gegenüber dem Anderen und durch sensible Kommunikation. Dabei ist Soziale Arbeit mit ihrer Vermittlungskompetenz gefragt. Sie ist erfolgreich, wenn Menschen respektvoll und interessiert über Glaubensvorstellungen und Überzeugungen ins Gespräch kommen.

Unterstützung durch Strukturen

Glaubens- und kultursensibel sind einzelne Menschen. Aber sie brauchen Strukturen, die das unterstützen. Deshalb spielt das Konzept einer Einrichtung bei der Glaubens- und Kultursensibilisierung eine entscheidende Rolle.

Wenn Glaubens- und Kultursensibilität fehlt

Wer den Austausch über Glaubensfragen vernachlässigt, überlässt Menschen schlimmstenfalls dem Einfluss von Personen, die manipulative Absichten verfolgen. Dies gilt für Heranwachsende, aber auch für unsichere Erwachsene, die sich mit ihrem Glauben und ihrer Herkunft nicht gewürdigt fühlen und so leicht für radikale Vorstellungen zu gewinnen sind. Wir leben in einer Zeit, in der die Zivilgesellschaft ihre Demokratie vor radikalen Einflüssen aus verschiedenen Richtungen schützen muss. Wer auf Ansichten stößt, die Demokratie und Menschenrechte in Frage stellen, ist zum Handeln aufgerufen. Dies kann je nach Situation bedeuten, sich abzugrenzen und klar zu positionieren oder auch Polizei und Verfassungsschutz einzubeziehen.

Professioneller Umgang mit Diversität

Glaubens- und Kultursensibilität wird im professionellen Umgang mit Diversität gebraucht. Sie setzt eine intensive Beschäftigung mit dem eigenen Glauben oder auch Nicht-Glauben voraus. Und sie ist erlernbar, in der Praxis, durch Fortbildungen und Austausch.