Sport ist perfekt, um neue Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen verbunden zu fühlen. Aber im Sport kommt es auch immer wieder zu offener Diskriminierung. Eine Gruppe von Sportbegeisterten gründete 2015 den Africa United Sports Club e. V. in Rothenburgsort. Hier trainieren Sportlerinnen und Sportler unterschiedlicher Herkunft, Sprache und Religion zusammen.
Der Club wirbt in vielen afrikanischen Communities in Hamburg um Mitglieder. Er ist einer von drei derartigen Sportvereinen deutschlandweit und der einzige, der in mehreren Sportarten aktiv ist. Wir wollten von Vorstandsmitglied Ruben Castro wissen, wie der Verein Diskriminierung vorbeugt.
Wie kam es zur Gründung des Vereins?
Ruben Castro: Wir wollen dem bei den Profis und auch im Breitensport weiterhin verbreiteten Rassismus etwas entgegensetzen, der bei den Profis und auch im Breitensport weiterhin verbreitet ist. Häufig sind Menschen afrikanischer Herkunft sind in Sportvereinen wenig vertreten. Viele von uns sind im Alltag, in Sporthallen oder Stadien mit rassistischen Stereotypen konfrontiert, egal ob es Beleidigungen sind oder Unterstellungen, wir seien aggressiv, weniger intelligent oder schon von Natur aus besonders sportlich, sind Erfahrungen, die viele von uns machen. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir unseren Verein gegründet.
Bei Africa United können Schwarze Kinder, Jugendliche und Erwachsene Sport treiben, ohne Diskriminierung zu erfahren und sich vereinzelt zu fühlen. Mir ist dabei ganz wichtig zu sagen: Jede und jeder ist bei uns willkommen! Wir haben mehr als 80 Mitglieder und organisieren seit 2015 Sportevents, haben außerdem regelmäßige Trainingstermine und Ligaspiele in Futsal (Hallenfußball) und Basketball und über 80 Mitglieder. Wir fördern Empowerment durch Sport, aber auch mit Bildungs- und Kulturangeboten. Ab 2020 bieten wir Workshops für Afrikanische Selbstverteidigung (ASE) an und starten ein neues, kostenloses Nachhilfe-Projekt für Schülerinnen und Schüler.
Wie gewinnen Sie neue Mitglieder?
Ruben Castro: Da Glaube und Spiritualität in afrikanischen Gemeinschaften eine große Rolle spielen, stehen wir in Kontakt zu christlichen und muslimischen Gemeinden. Wir stellen unseren Verein vor, etwa bei Veranstaltungen, Feiern oder nach dem Gottesdienst. Wir gehen auch zu Schulen, Stadtteilfesten, Unterkünften und Jugendzentren, um mit den Kindern, Jugendlichen und Eltern ins Gespräch zu kommen. Darüber finden wir einen großen Teil unserer Mitglieder.
Zu uns kommen Menschen aus allen Teilen der Erde, mit verschiedensten Nationalitäten, Religionen und Sprachen. Wir könnten nicht so gut auf sie zugehen, wenn wir nicht so viele sprachliche und interkulturelle Kompetenzen im Verein hätten. Bei uns sind Menschen afrikanischer Herkunft in der Organisation und als Trainerinnen und Trainer keine Ausnahme, sondern die Regel. Wir sehen unsere eigenen Wurzeln, Werte und Geschichten als Bereicherung und orientieren uns an historischen, afrikanischen Ansätzen zur Partizipation. Wir legen viel Wert auf Familie, Gemeinschaft und auf gegenseitige Unterstützung. Wir arbeiten ganzheitlich, wir sehen und realisieren unseren Verein unter Berücksichtigung der fließenden Übergänge von Sport, Bewegung, Gesundheit, Bildung und Gesellschaft.
Wir achten auf Gleichberechtigung, ein ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter und ein fortschrittliches Rollenverständnis. Wenn junge Mädchen gleichberechtigt am Sport teilnehmen sollen, ist es wichtig, dass sie ältere Schwestern, Trainerinnen und Sportlerinnen als Vorbilder haben.
Der Verein ist Stützpunkt für Integration. Was bedeutet das?
Ruben Castro: Stützpunktverein beim Hamburger Sportbund zu sein heißt: Die Förderung der Integration von Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund ist ein zentraler Aspekt unserer Arbeit. Menschen afrikanischer Herkunft sind ein fester Bestandteil dieser Gesellschaft, sie sollten in jedem Bereich vertreten sein und respektiert werden. Wir arbeiten dafür, dass Rassismus endlich ausstirbt und Menschen unabhängig von sozialer und nationaler Herkunft ein gutes, gesundes und friedliches Leben haben. Dadurch, dass wir zusammen Kampfsport machen oder Fußball spielen, entstehen Kontakte, die es ohne den Sport nicht gäbe. Für die Förderung von Teilhabe ist außerdem wichtig, dass Menschen verschiedener Hintergründe bei uns auch auf Organisationsebene aktiv sind. Vom Hamburger Sportbund werden wir dafür nun seit drei Jahren als Stützpunktverein ausgezeichnet, beraten und finanziell unterstützt.
Wie gehen Sie mit Konflikten um?
Ruben Castro: Wir suchen das Gespräch mit allen Beteiligten. Oft geht es um Selbstbewusstsein und Respekt gegenüber sich selbst und anderen Menschen. Bei Sexismus und andere Formen von Diskriminierung untereinander, dann sagen wir nicht nur, wir wollen das nicht in unserem Verein. Wir bemühen uns auch, dem selbst vorzubeugen und Vorbild zu sein in unserer doppelten Funktion als migrantische Selbstorganisation und als Sportverein.
Braucht es Glaubens- und Kultursensibilität im Sport?
Ruben Castro: Ja, sie ist wichtig. Diversität heißt: Verschiedene Sprachen und Kulturen existieren nebeneinander und gemeinsam und wir sind sensibel für die Gewohnheiten von verschiedenen Glaubensgemeinschaften. Dann kann Sport tatsächlich Menschen zusammenbringen. Nach dem Training gehen alle wieder in ihre Welt zurück, man hat sonst vielleicht gar nicht so viel miteinander zu tun. Aber durch den Sport entstehen neue Verbindungen. Kinder freunden sich an, die in verschiedenen Welten leben, in unterschiedlichen Stadtteilen, die zu Hause jeweils andere Sprachen sprechen oder in unterschiedliche Gemeinden gehen. Wenn das gelingt, entsteht dieses Gefühl von Gemeinschaft und Stärke, über Grenzen und Unterschiede hinweg.
Fotos: Karin Desmarowitz